MOUVOIR / Stephanie Thiersch: Memory Machine - the (an)archive.

Archiv eines Archivs.

Täglich während der Öffnungszeiten des MAO / Ausnahme 28.10.

Foto Ursula Kaufmann

Zwischen 1980 und 2000 hat sich eine Menge bewegt in der deutschen Tanzszene. Emphatisch wurden in den 1980er Jahren neue Konzepte von Bewegung und die Befreiung von lange tradierten und verfochtenen künstlerischen Ideen und Praktiken begrüßt. Es ist die Zeit, in der auch das Theaterfestival FAVORITEN als “Theaterzwang” gegründet worden ist. Eine Bewegung, die sich auch den Querlauf zum herrschenden System vorgenommen hatte, die die Reibung mit bestehenden institutionellen Vormachtstellungen suchte und neuen ästhetischen Formen eine Plattform bot, die ungenutzte Freiräume in impulsgebende Orte des Geschehens transformierte. Und so gibt Memory Machine – the (an)archive von MOUVOIR während des gesamten Festivals die Möglichkeit, sich in den Zwischenräumen in zurückliegende Stimmungen zu vertiefen und die Brücken in Gegenwart und Zukunft zu bauen. Und schlägt gleichzeitig neue Möglichkeiten kollektiven Erinnerns vor.

Die Choreografin und Medienkünstlerin Stephanie Thiersch hat mit verschiedenen Künstlern eine erzählte Geschichte des Tanzes angelegt, das die in einem assoziativen Verfahren gesammelten Aussagen ausgewählter Zeitzeugen spielerisch zu einem Hörarchiv zusammensetzt. Zwischen Hörbaum und Textschredder laden verschiedene Medien zum Erinnern der anderen Art ein. Historie wird zum gemeinschaftlichen Ereignis.

Für die ursprüngliche Version The Memory Machine hat der Medienkünstler Jasper Diekamp eine Maschine gebaut, die Gehirnprozesse imitierte und dem Besucher ermöglicht, selbst Schwerpunkte zu setzen, neu zu assoziieren und die Tanzgeschichte sinnlich zu vergegenwärtigen.

Im Rahmen des Theaterfestivals FAVORITEN 2014 archivieren die beiden Künstler ihre eigene Arbeit. Sie entwickeln damit aus Fragmenten der ersten Arbeit und dokumentarischem Material einen weiteren begeh- und erlebbaren Speicher der Erinnerungen, der das Erzählen und Assoziieren als Träger des Erinnerns begreift. So begegnet man bekannten und vergessenen Größen des Tanzes, erhält Einblicke in die Vielschichtigkeit künstlerischer und persönlicher Beziehungsgeflechte, deren Konsequenzen bis heute Ideen und Realitäten des Tanzes prägen und beeinflussen. Jede Erinnerung ist eine neue Geschichte, die Bestehendes auseinanderbaut und eigen zusammensetzt. Selten läuft sie linear und erst recht nicht deckungsgleich mit den “wirklichen Abläufen”.

Herzlich willkommen zu dieser doppelbödigen Geschichtsschreibung des deutschen Tanzes!

Konzept/Archiv: Stephanie Thiersch, Installation: Jasper Diekamp, Dramaturgie: Guy Cools, Produktion: MOUVOIR / Stephanie Thiersch. Mit Erinnerungen von: Cornelia Albrecht, Gabriele Brandstetter, Dieter Buroch, Dana Caspersen, Guy Cools, Ingo Diehl, Luc Dunberry, Viviana Escalé, Kerstin Evert, Sigrid Gareis, Thierry Guiderdoni, Claudia Henne, Walter Heun, Reinhild Hoffmann, Rui Horta, David Kern, Hanna Koller, Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola, Heike Lehmke, Bettina Masuch, Anita Mathieu, Jean-Paul Montanari, David Morrow, Bertram Müller, Gabriele Naumann-Maerten, Kajo Nelles, Micha Purucker, Jan Pusch, Martin Puttke, Omar Rajeh, Madeline Ritter, Vera Sander, Jochen Sandig, Katja Schneider, Katharina Sehnert, Gerald Siegmund, Meg Stuart, Virve Sutinen, Christiane Theobald, Helena Waldmann, Arnd Wesemann / Förderer: MFKJKS NRW, Kunststiftung NRW. / Weitere Unterstützung: O Espaço do Tempo, Montemor-o-Novo, Portugal. / Besonderer Dank gebührt den vielen Zeitzeugen, die großzügig Erinnerungen und Gedanken gespendet haben.

Gefördert von TANZFONDS ERBE – Eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes